Von Eva Herman
Ein Mann und eine Frau liegen nachts im Bett. Plötzlich hören die beiden das Zerbersten von Fensterscheiben, klirrend fällt Glas zu Boden. Offensichtlich wird gerade eingebrochen im Haus. Der Mann will aus dem Bett springen. Doch die emanzipierte Frau hält ihn zurück: »Lass mal, Schatz, ich mach das schon!«
Ein
Witz? Ja, auf jeden Fall ist das ein Witz. Und kein schlechter.
Denn bei aller Emanzipationsentwicklung: Für die Drecksarbeit
bleibt uns Frauen zum Glück doch immer noch der Mann. Da darf er
Held sein. Man stelle sich nur vor, er würde in diesem Moment
die Bettdecke über die Ohren ziehen und darauf warten, dass
Muttern den Fall klärt. Dann wäre aber was los, daheim am
Küchenherd! Nein, nein, Emanzipation geht anders. Frau sucht
sich aus, wo sie Gas geben will, und Mann wartet ab, was für ihn
noch zum Heldentum übrig bleibt.
Feministisch
wurde er zu- und hingerichtet, von seiner tradierten Rolle wurde
er damit weitgehend emanzipiert, der heutige westliche Mann. »Ein
Geschöpf, das weder Heroismus noch Größe kennt oder gar
verkörpert. Er hat sich vielmehr damit arrangiert, dass bereits
der Begriff Männlichkeit jenseits der Welt des Parfüms tabu
ist.«
Der
Mann von heute, nicht nur nach Klonovsky ein bedauernswertes
Wesen: Er schlägt und unterdrückt Frauen, lebt ständig an
der Grenze zur Vergewaltigung und gefährdet als sozialer Idiot
mit seiner Aggressivität das gesellschaftliche Zusammenleben.
Mit seinem Testosteron-Überschuss balanciert er täglich am
Burn-out und bevölkert keine Arenen mehr, dafür jedoch
zunehmend psychiatrische Praxen. Spielplatz statt Kampfplatz,
heimatlos in der Männerwelt, dafür bestens eingearbeitet in
Küche und Haushalt. Er diskutiert alle Probleme aus, anstatt
sich auf sein Pferd zu schwingen und schweigend durch den Wald zu
reiten. Gegen Schmerzen hat er Tabletten, sein Geld verdient er
im Sitzen und nicht durch Manneskraft. Mit seiner zweiten Haut
durch Jack Wolfskin schützt er sich nicht nur bei Wind und
Regen, sondern auch beim Brötchenholen. Klaglos stellt er beim
Check-In seine Schuhe aufs Band: Sicherheit ist heute das
Allerwichtigste. Der moderne Krieger im Boss-Anzug ist die
Schrumpfversion des Waffenträgers von einst.
Der Abgesang der Männer
ist längst angestimmt, übrig geblieben ist ein watteweicher
Softie, ein Warmduscher, ein männliches Nichts. Geht es noch
weiter abwärts? Aber sicher: Bis zur Unsichtbarkeit werden wir
den Mann degradieren. Helden? Abenteurer? Kämpfer? Fehlanzeige.
Auch der im Kopf zum
Neutrum umerzogene Mann bleibt körperlich und hormonell einer.
Wenn er keine Muskulatur, keinen Willen zur Herrschaft und keine
Schmerztoleranz mehr besitzt, so spürt er doch immer wieder
einen Rest von Scham deshalb.« Er ahne, dass er keinen Ernstfall
überstehen würde, obwohl er eigentlich, Zelle für Zelle, dafür
geschaffen ist.
Der
amerikanische Bestsellerautor John Eldridge schrieb vor Jahren
Ähnliches über die Abschaffung des Mannes. In seinem
Bestsellerbuch Der ungezähmte Mann heißt es: »Wir
Männer brauchen eine Erlaubnis, das sein zu dürfen, was wir
sind: Männer! Wir brauchen die Erlaubnis, nach dem Maßstab
unseres Herzens zu leben und nicht nur eine Liste von Erwartungen
und Verpflichtungen abzuarbeiten – denn genau das hat so viele
von uns müde und antriebslos gemacht.«
Denn
Heldentum, das vermutlich in nahezu allen Männern noch
fragmentartig vorhanden sein dürfte, das allerdings kaum mehr
zugelassen wird in unserer feminisierten Welt, bezeichnet ja die
Befähigung herausragender Leistungen. Die spricht man Männern
heute jedoch weitgehend ab, weil nicht sein kann, was nicht sein
darf
Klonovsky,
der zweifellos beträchtliche Reste heroischen Handelns allein
durch die Veröffentlichung des gut lesbaren Büchleins
aufbrachte, beschreibt den Kern des männlichen Problems von
heute in einer Gesellschaft, die Heldentaten bestraft. Politisch,
zeitgeistig, polizeilich und juristisch! Wer seine
Angelegenheiten selbst in die Hände nimmt und löst, wird als
Feind der Gesellschaft behandelt
Ganz
sicher nicht. Diese sichere Erkenntnis macht der Autor an dem
berühmten Fall Dominik Brunners fest. Vor zwei Jahren war der
Mann an der Münchner S-Bahn von Jugendlichen totgeschlagen
worden, als er eingriff, um andere junge Menschen vor Schlägen
der Gewaltverbrecher zu schützen.
Der verstorbene Brunner
wird noch heute als »S-Bahn-Held« gefeiert. Doch hatte er
wirklich vor, bei diesem Eingriff zu sterben, fragt der
Journalist? Wohl kaum. Wahrscheinlicher dürfte sein, dass
Brunner, würde er heute noch leben, womöglich eher als
überreagierender Problem-Jugendliche-Zusammenschläger im
Gefängnis säße. Denn Brunner war es gewesen, der
Zeugenaussagen zufolge den ersten Schlag ausführte, »und man
kennt deutsche Richter inzwischen: Viele von ihnen akzeptieren
Notwehr bei sozial Bessergestellten ohne Migrationshintergrund
nicht so schnell«, so Klonovsky.
Nachdenklich
müsste uns Frauen die Erkenntnis des männlichen Autors machen,
dass die Männer heute auch gar keine Helden mehr sein möchten.
Wie bitte? Kein Prinz auf dem weißen Ross, der die Königstochter
mit starken Armen vor Ungeheuern errettet und sie heimführt vor
den Traualtar? Nein, das scheint vorbei zu sein. Schuld haben wir
Frauen selbst, denn wir waren es, die sie in die Pantoffeln
gezwungen haben, die einstigen strahlenden, starken Helden. Nun
haben sie sich eingerichtet in den bequemen Verhältnissen.
Stören wird sie dort vorerst niemand.
Der
deutsche Mann unterscheidet sich zum Beispiel auffallend von dem
gemeinen Amerikaner: Während die männliche Übersee-Ausgabe in
puncto persönliche Freiheitsrechte wesentlich
fundamentalistischer ausfällt, hat sich der deutsche Bürger
entwaffnen lassen: »Wir haben uns dem Schutz eines Staates
anvertraut beziehungsweise ausgeliefert, dessen Verlässlichkeit
allerdings zunehmend zum Zweifel Anlass bietet.« Dieser Staat
regiere inzwischen bis in die Ehebetten (außer in den bereits
erwähnten Problembezirken, dort wagt er es noch nicht). Der Mann
von heute hört weg, sieht weg, denkt sich die Probleme weg, und
bald ist er ganz weg, der Schrumpfgermane.
Die
Gesellschaft von heute: Weiß sie wirklich, was sie tut? Ahnen wir,
was derzeit abgeschafft wird? Welche Werte uns verlorengehen mit der
vorsätzlichen Abwertung des Mannes?
Der Mann von heute: trauriger
Absturz eines einstigen Helden? Klare Antwort: Ja! Das kluge, alte
Märchen vom Fischer und seiner Frau ist zu makabrer Wirklichkeit
geworden: Immer mehr wollte sie, diese Frau mit der unstillbaren Gier
nach allem, was sie nicht besaß, deren Mann einem geangelten Fisch
das Leben schenkte, weil dieser Butt ihm dafür drei Wünsche
gewährte. Der Mann machte bereits im allerersten Schritt den
entscheidenden Fehler: Er ging nach Hause und fragte bei seiner
Gattin nach, was sie sich denn wünschen sollten. Hätte er doch bloß
einfach selbst entschieden, dann wäre die Sache mit Sicherheit
geritzt gewesen: Schloss, Geld und noch irgendetwas anderes Schönes.
Die Fischersfrau aber wollte Schloss, Geld – und sie wollte
schließlich sein wie der liebe Gott. Sie selbst wollte so sein,
nicht etwa ihr Mann. Und so griff der Schöpfer dann schließlich
ein: Und stellte die arme Irre wieder dorthin, wohin sie in ihrem
Wahn gehörte: in ihre alte, abbruchreife Fischerhütte! Schloss weg,
Geld weg, Hoffnung auf eine sorgenfreie Zukunft: weg!
Wir Frauen sollten dieses
Märchen niemals vergessen. Denn wir wissen ja, dass sie wahr sind,
die alten Überlieferungen, die viel Lebensweisheit enthalten und Gut
und Böse genau zu unterscheiden wissen.
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